Frustrationstoleranz / Impulskontrolle

 

 

Was genau ist das überhaupt?

 

Frustrationstoleranz ist die Fähigkeit mit frustrierenden Situationen umgehen zu können

Beispielsweise mal warten müssen, nicht zu jedem entgegenkommenden Hund hinzuspringen, nicht gleich und sofort alles zu schaffen, erreichen oder ausleben zu können. Im Prinzip alles, was sein Bedürfnis nicht erfüllt...damit also auch alle Verhaltensunterbrecher, die wir so anwenden. Aber auch in Angst- und Streßsituationen entsteht Frustration, wenn das Bedürfnis bspw. "entkommen" aus der Situation nicht erfüllt wird.

 

Impulskontrolle ist die Fähigkeit mit plötzlich auftretenden Umweltveränderungen einigermaßen gut umgehen zu können.

Beispielsweise das schnell vorbeispringende Reh, Nachbars Katze, der gelbe Sack oder komische Mülltonnen, aber auch die Leckerlie eines Zweithundes gerade nicht zu nehmen.

 

Beides hängt sehr eng miteinander zusammen und am Ende steht Frustrationstoleranz in Abhängigkeit zur Impulskontrolle.

 

Für die Impulskontrolle ist im Gehirn der Präfrontale Cortex zuständig.

Es ist für uns wichtig zu wissen, dass dieser sich im Laufe des Lebens erst entwickelt, ein Welpe kann also kaum auf genügend Impulskontrolle zurückgreifen. 

Ab dem Erwachsenenalter, also frühestens mit 2 Jahren (spätreifende Rassen bis zu 4 Jahre) ist diese Hirnregion dann sozusagen fertig ausgebildet und wir können daran „arbeiten“. 

 

Ob und wieviel Impulskontrolle der Hund dann zu Verfügung hat, ist von vielen verschiedenen Faktoren (Gesundheit, Situation, Lernerfahrungen, Rasse, Genetik, usw.) abhängig und kann sich ständig verändern.

 

Stress, und damit Cortisolausschüttung hemmen Impulskontrolle.

Wenn dein Hund also ein oder zwei stressende Situationen hatte, wird es mit einer nötigen Impulskontrolle/Frustrationstoleranz im Anschluß nicht klappen.

 

 

Und was bedeutet das nun für uns Hundehalter?

 

Impulskontrolle wird den lieben langen Tag verbraucht.

Bei jedem Signal (sitz, platz), wann immer dein Hund die Umwelt „ausblenden“ muss, bei jeder Entscheidung die er treffen muss, wird Impulskontrolle verbraucht.

 

Es macht daher viel Sinn, wenn wir darauf achten, dass wir im ganz normalen Alltag nicht ständig Impulskontrolle verbrauchen.

Sie ist nämlich „endlich“, steht uns nicht unbegrenzt zur Verfügung.

 

Stell dir Impulskontrolle vor wie eine Kanne Tee, die du dir am Morgen bereit stellst, um sie über den Tag zu trinken. Irgendwann ist die Kanne halt leer und du bekommst erst am folgenden Tag wieder eine neu gefüllte Kanne.

 

Und, Impulskontrolle kann nicht generalisiert geübt werden.

Das bedeutet, nur weil dein Hund gelernt hat, auf ein Leckerchensuchspiel zu warten, bedeutet das nicht, dass er nun generell gut Warten kann oder mit anderen frustrierenden Ereignissen besser umgehen kann.

Man kann sie also immer nur für eine bestimmte Situation trainieren.

 

Wie ich oben bereits erwähnte, können wir auch nicht verlangen, dass nach einer anstrengenden Situation direkt wieder Impulskontrolle verwendet werden kann.

Der Hund, oder besser sein Gehirn, benötigt Erholung.

Wenn dir also beim Verlassen des Hauses Nachbars Katze über den Weg lief und dein Hund es toll geschafft hat ruhig zu bleiben, kannst du ihn nicht im Anschluss 10 Minuten neben dir warten lassen, um mit dem Nachbarn zu plauschen.

 

Wichtig ist auch, dass deine jeweiligen Übungen zur Frustrationstoleranz deinen Hund nicht überfordern. Beobachte seine Körpersprache gut und bleibe sehr kleinschrittig. 

 

Denn, wenn Frustration zu lange andauert, wird daraus direkt Wut/Aggression!

Dass ist auch einer der Gründe, weshalb sich Negative Strafe (das Vorenthalten von etwas, was dem Hund wichtig ist, als Strafe für unerwünschtes Verhalten) nicht gut zum Lernen eignet. Denn dies führt unweigerlich zu Frustration und damit meist schnell zu Aggression.

 

Es ist daher nicht zielführend, wenn der Hund absichtlich in für ihn frustrierende Situationen geführt oder belassen wird, damit er „angeblich“ lernt, damit umzugehen. Das Gegenteil wird dauerhaft der Fall sein, es entsteht zunehmend Wut, die sich letztlich in Aggressionsverhalten und bei Kontrollverlust sogar im Einfrieren äußern kann.

 

 

Was können wir dann tun?

 

Inwieweit dein Hund hierbei Unterstützung benötigt ist sehr individuell und, wie oben beschrieben, von vielen Faktoren abhängig.

 

Generell braucht es ein umsichtiges Training:

 

Insbesondere das „Warten-können“ sollte in verschiedensten Situationen und mit sehr hochwertigen Verstärkern (auch Umweltbelohnungen) geübt werden.

Warten ist anspruchsvoll und muss sich unbedingt lohnen damit kein Frust entsteht.

 

Alle möglichen Alternativverhalten üben, denn um mit frustrierenden Situationen zurecht zu kommen, benötigt dein Hund andere, alternative Möglichkeiten diese aushalten zu können.

Wenn er nunmal nicht zu jedem fremden Hund hinspringen soll, aber als Alternative nur die Spielaufforderung, wenn das nicht geht das frustrierte Verbellen oder Vertreiben als Möglichkeit kennt, wird er es nicht lassen.

 

Dein Hund kann auch mit einigen Spielen ein gewisses Maß an Frustrationstoleranz erlernen, insbesondere wenn es um Ressourcen geht. Dabei eignet sich eben nicht, wie man so häufig hört, dass er beispielsweise sein Futter einfach abgeben „muss“, sondern eher umgekehrt, zu lernen, dass das durchaus lohnenswert sein kann. 

 

Zu guter Letzt eignen sich auch die Arbeit mit dem „freien Formen“, womit der Hund mit der Zeit ja lernt, dass er verschiedene „Wege“ ausprobieren kann, damit er ans Ziel kommt. Aber auch hierbei darf keinesfalls Frustration aufkommen.

 

 

 

Viel gemeinsame Freude und Spaß 

☺️