Wie bestraft ihr „Positivler“ denn unerwünschtes Verhalten, wie macht ihr das, wenn der Hund nicht folgt oder wie unterbrecht ihr irgendeinen Unfug?
Ich habe weder ein Nein noch ignoriere ich dann meine Hunde.
Was bedeutet eigentlich unser Nein?
Nix, denn unsere Hunde verstehen nunmal keine Sprache und können ein einzelnes Wort nur mit einer Aktion erlernen (Beispiel sitz=setzen).
Überlege mal, in welchen Situationen du ein Nein verwendest: Nein, spiel nicht so wild, Nein, bettle nicht am Tisch, Nein, hör auf zu bellen, Nein, friß die Maus nicht, Nein, spring nicht an mir hoch, usw. usw.
Wenn Hunde auf dein deutliches Nein dennoch mit Verhaltensabbruch reagieren, dann nur, weil du sie körpersprachlich bedrohst.
Du stehst frontal, vorn über gebeugt mit bösem Ton und der Androhung von einem Kniff in die Flanken oder Schubser oder gar Schnauzengriff.
Was hat dein Hund damit gelernt?
Meine Menschen bedrohen mich immer mal.
Sie haben nicht gelernt, wie oder was sie zukünftig besser machen können. Vertrauensvoller und zuverlässlicher Umgang geht anders und zusätzlich beginnt ein Teufelkreis.
Ähnlich verhält es sich, wenn wir Verhalten ignorieren.
Auch damit erhält der Hund ja keine Information, was falsch wäre und wie es zukünftig anders gemacht werden kann. Wie beim Nein ist Ignorieren am Ende eine Strafe, führt zu Frustration und du lässt deinen Hund alleine.
Was also tun?
Zuerst einmal vorausschauend leben und mit Management lenken.
Wenn ich weiß, dass mein Hund immer am Terassenfenster Nachbars Katzen anbellt, dann klebe ich eine Sichtschutzfolie hin.
Wenn der Hund zu heftig mit Besuch umgeht, baue ich Türgitter dazwischen.
Wenn mein Hund im Wald jagen geht, bleibt er an der Schleppleine.
Wenn mein Hund Kabel anbeißt, verstaue ich diese sicher und lasse sie nicht rumliegen.
Management ist ein wirklich gutes Hilfsmittel, damit Hunde unerwünschtes Verhalten erst garnicht „üben“ können.
Guck genau, weswegen das unerwünschte Verhalten eigentlich gezeigt wird.
Oftmals ist es nämlich verstärkt worden. Verhalten, dass sich lohnt wird nunmal immer wieder wiederholt.
Springt dein Hund an dir hoch und erhält ein „Lass das“, so bekam er Aufmerksamkeit. Hochspringen war lohnenswert.
Dein Hund zieht an der Leine und du gibst ab und an nach, weil er ja nur zum nächsten Baum will. Ziehen hat gelohnt.
Andereseits kann beispielsweise Bellen über Nachbars Katze auch selbstbelohnend sein oder gar Bellen an der Leine angstbesetzt begründet sein.
Wir müssen also hinschauen, welchen Grund das unerwünschte Verhalten hat, ob es nicht womöglich verstärkt wird und an diesen Punkten ansetzen.
Neins würden hier nur Symptome deckeln, nicht aber langfristig die Ursache beheben.
Wir können jedes unerwünschte Verhalten unterbrechen. Freundlich unterbrechen, in dem wir einfach ein anderes Verhalten abfragen.
Der einfache Rückruf kann das Fressen von Unrat unterbrechen,
ein Handtouch das Ziehen,
ein Sitz das Hochspringen,
es fliegen Kekse zum Abwenden.
Das sind alles Signale, die du natürlich im Vorfeld richtig gut verstärkt haben solltest. Seid bitte kreativ und abwechslungsreich. Manche Hunde sind Meister im Bilden von Verhaltensketten.
Zusätzlich solltest du noch einige Alternativen trainieren. Denn nach so einer Verhaltensunterbrechung braucht ein Hund eine andere Möglichkeit etwas zu tun, dass vielleicht dem unerwünschten Verhalten ähnlich ist oder eben etwas, was er stattdessen tun kann.
Nachbars Katze kann somit die Ankündigung für einen Kaustreifen werden, Hochspringen die Ankündigung für Kekse suchen, Spielabbruch wird gefolgt von Zergeln, usw.
Und nicht zuletzt überlege dir, wie du bereits im Vorfeld neue Signale für die vermeintlich unerwünschten Verhalten trainieren kannst. Ein positiv aufgebautes „Runter“, ein Anzeigeverhalten von Fressbarem Draußen, super verstärktes Umorientierungssignal und dergleichen mehr.
Du siehst also, wir benötigen keine Neins, kein Ignorieren oder sonstige Strafen, es geht auch mit
- Management
- Gründe suchen, Verstärken vermeiden
- Freundlich unterbrechen
- Alternativen anbieten
- Neue Signale trainieren
P.S.: Wenn dein Hund „nicht folgt“ wird auch das einen Grund haben (siehe auch „Mein Hund ist stur?“). Er KANN es dann aus diversen Gründen nicht, die sicherlich nicht im „Wollen“ zu suchen sind.
Heike Schuh©2022