Welpenspielgruppen

 

Braucht der Welpe Welpenspielgruppen /

der Hund wirklich dauernd Hundekontakt?

 

 

Der Welpe soll doch Artgenossen kennenlernen...

Die Welpen „lernen“ da doch untereinander, wie man sich so benimmt...

Er soll spielen können, das kennt er ja schon vom Züchter...

Welpen müssen unbedingt sozialisiert werden…

Hunde sind doch Rudeltiere…

 

Wenn wir uns das genauer ansehen, stellen wir fest, dass eine Welpengruppe nicht vergleichbar ist, mit dem, was der Welpe bisher kannte.

Denn das waren seine gleichaltrigen Geschwister, die allesamt mehr oder weniger ähnlich kommuniziert haben und sich in ähnlichem Entwicklungsstand befanden und sich vor allem sehr gut kannten.

Eine Welpen- oder Junghundespielgruppe sind einander völlig fremde Individuen, die aufgrund ihrer körperlichen Verfassung (lange Haare, kurze Nase, ect.) nicht nur verschieden kommunizieren, sondern meist auch in sehr unterschiedlichen Entwicklungsstufen sind.

 

Und nun erwarten die Menschen, dass sich die Kleinen in kürzester Zeit zu niedlichem Spielen zusammenfinden.

Und das, obwohl auch hier alles neu und daher schon genug aufregend für den Welpen ist (fremde Menschen, fremdes Gelände).

 

Durch diesen "Streß" sind Fehlverknüpfungen beinahe vorprogrammiert und manch ein bis dahin entspannter Welpen wird hier sozusagen zur Artgenossenunverträglichkeit "erzogen".

Und nein, Welpen „lernen“ untereinander nichts fürs Leben.

Oder wären Sie dafür, dass unsere Kinder in der Schule von ihren Mitschülern, anstatt vom Lehrer lernen?

 

Bisweilen wird auch gesagt, dass die Junghunde von erwachsenen Hunden mal „ordentliches“ Sozialverhalten lernen sollen.

Das erwachsene Hunde bisweilen gern als „Kindergärtner“ arbeiten.

An sich eine gute Idee, a b e r, auch hier geht es nicht darum, dass ein oder womöglich gleich mehrere erwachsene Hunde den Welpen zurechtweisen. 

Als Kindergärtner „arbeiten“ übrigens Wölfe, da sie in einem Rudel leben. Hunde tun das nicht, daher macht es evolutionär für sie keinen Sinn. Hunde ziehen ja auch nicht gemeinsam Welpen groß.

 

Ein erwachsener Hund  sollte also eine ausgesprochen hohe Frustrationstoleranz, keine Ressourcenproblematiken und einen absolut verlässlichen Rückruf aufweisen.

Und selbstverständlich dürfen solche Zusammentreffen keinesfalls ohne genaueste Beobachtung und ggfls. Unterstützung der Menschen stattfinden.

  

Spiel bedeutet erstmal nicht reiner Spaß, wie bei uns, sondern üben und trainieren für den Ernstfall.

Daher spielen erwachsene Hunde eigentlich nicht sehr lange, wenige Minuten, denn es ist überaus anstrengend und setzt sich aus den verschiedensten Sequenzen eines Hundelebens zusammen und enthält ständige Kommunikation (dass das noch wirklich Spiel ist) zwischen den Tieren.

 

Was heißt das nun genau?

 

Spielen ist für Welpen sicherlich eine gute und lehrreiche Erfahrung.

Aber,

es muss von „Außen“ unbedingt darauf geachtet werden, WIE das Spiel verläuft,

 

es braucht genügend räumliche Trennungsmöglichkeiten, denn gutes Spiel findet gewöhnlich nur zwischen ZWEI Tieren statt

 

es benötigt genügend Rückzugsorte für Entspannungsübungen MIT dem Menschen

 

es sollte wenig bedrohliche Außenreize beinhalten (kein Bällebad, Flatterbänder, etc.)

 

Wie oben bereits erwähnt, lernen die Welpen immer.

So kann ein Welpe in einer gut geführten Welpengruppe (nicht WelpenSPIELgruppe) durchaus sehr viel positive Erfahrungen sammeln.

 

Allerdings auch ebenso viel Negative, wenn Mobbing, Rempeln, Überforderung, Unwohlsein, Stress, Angst, übersehen wird. Und allem voran lernen sie häufig, dass IHRE Menschen nicht für sie einstehen, keinen Schutz bieten (denn die unterhalten sich angeregt und merken garnicht, dass der Kleine bereits mehrfach auf sie zu gelaufen ist und um Hilfe gebeten hat).

Vertrauen und damit Bindung zum eigenen Menschen geht so sicher nicht.

 

Der oft missverstandene Begriff der Sozialisierung bedeutet ebenfalls nicht, dass der Welpe auf Biegen und Brechen alle möglichen Kontakte benötigt. 

 

Und nein, Sozialisierung muss nicht in der Sozialisierungsphase stattfinden.

Die gibt es so garnicht! Es gibt eine sensible Phase (etwa bis zur 16ten Woche) in der nachhaltig und schnell gelernt wird, denn es macht Sinn, dass das Tier fix unterscheiden kann, was Gut und was Böse ist.

 

Sozialisierung findet lebenslang statt. Bei jedem Säugetier. Wäre sie nach 4 Monaten abgeschlossen, könnte das Tier nicht mehr in einer anderen Umwelt zurecht kommen.

Wenn du nach Japan umziehen müsstest, wäre auch eine umfassende Sozialisierung an die neuen Lebens- und Umweltbedingungen nötig und eben möglich.

 

Gute Sozialisierung braucht entspannte Umwelterkundung in genügend Entfernung von Artgenossen/Menschen/Tieren aller Art.

Dazu braucht es keinen direkten Kontakt. Es ist nicht nötig, mit Welpen in dieser Zeit ein Programm durchzuziehen, damit es Bahn, Zoo, Fussgängerzone usw. usw. kennenlernt und dann "angeblich" für immer abspeichert.

Viel hilft nicht viel, ganz im Gegenteil!

 

Vielmehr geht es darum, dass der Welpe "Dinge" als unbedrohlich einstufen kann, dass er Handlungsalternativen entwickelt. Umwelterkundung sollte hier im Fokus stehen.

 

 

Fazit: Lieber keine Welpenspiel-/Hundespielgruppe, als eine schlechte!

 

Es sollten sehr kleine, homogene Gruppen (2-4 Welpen) sein,

in freundlicher und ruhiger Atmosphäre.

 

Das Hauptaugenmerk ist, dass der Welpe lernt, dass seine Menschen verlässlich sind, damit er Vorhersagesicherheit bekommt.

Es sollte die Hundesprache geübt werden, Entspannungstechniken und die wichtigsten Grundsignale.

 

Hunde müssen nicht lernen zu toben. Das beherrschen sie bereits.

 

Hunde sollten lernen, angemessen zu spielen, sich zurückzunehmen und auch im Spiel auf ihre Menschen zu achten. Und all dies positiv, ohne Druck, Gezerre, Gerucke, Gebrülle oder gar körperliches Maßregeln.

 

Dies funktioniert sicher nicht, indem man einfach mal verschiedene Hunde oder Welpen über längere Zeit miteinander agieren lässt!

 

Da wird ein etwas zu forscher Junghund in seinem übertriebenen Benehmen bestätigt. Er lernt z.B., dass er sich mit Rempeln gegenüber Schwächeren durchsetzen kann. 

Zeitgleich lernt der etwas zurückhaltendere Junghund, dass andere Hunde allesamt mit Vorsicht zu genießen sind und wird diese immer mehr meiden. 

Es gibt duzende Beispiele, wie solche Spielgruppen das zukünftige Verhalten des Hundes nachhaltig prägen, und zwar negativ.

 

Oft werden dann noch die darauffolgenden Raufergruppen (also mit pubertierenden Junghunden) angeboten. 

Von diesen rate ich unbedingt ab, denn die individuellen Unterschiede sind meist so groß, dass hier nur negative Erfahrungen gesammelt werden können.

Ich würde in dieser Zeit auch keine gemischt geschlechtlichen Gruppen empfehlen.

Ein Rüde, der sowieso schon testosterongesteuert auf Wolke 7 schwebt, wird sicherlich neben einer Hündin, die kurz vor der Läufigkeit steht, kaum noch zu trainieren sein.

 

Zum Thema, dass Hunde „Rudeltiere“ seien, wurde eigentlich genügend publiziert. Obwohl, wenn wir genauer hinsehen, kursieren auch hier viele "Meinungen" und veraltetes Wissen wird nach wie vor "hoch gehalten".

 

Brauchen sie also andauernd Hundekontakte?

 

Nein, denn ein Rudel sind nur miteinander verwandte Tiere.

 

Nein, Hunde bilden keine Rudel (wie Wölfe) mehr, sie sind vorwiegend Einzelgänger.

 

Nein, Hunde wurden Jahrtausende lang dahingehend domestiziert und selektiert, dass sie uns Menschen als ihren Sozialkontakt akzeptieren, Artgenossen höchstens tolerieren (und selbst das nicht immer).

 

Ja, 1-2 feste Freundschaften sind empfehlenswert.  

 

Nein, andauernde Kontakte, in die sie auf Hundeplätzen, Pensionen, Gassitreffen, Spielgruppen, „gezwungen“ werden, bedeuten nur Streß.

Von Aussagen wie "der gewöhnt sich schon dran" möchte ich erst garnicht anfangen (Habituation funktioniert nicht bei Streß!).

 

Nein, Hunde müssen nicht automatisch andere Hunde mögen, dies tun sie meistens auch nicht. 

 

Nein, schon garnicht auf irgendwelchen Hundewiesen, denn dort sind alleine die vielen Gerüche schnell überfordernd. Gutes Verhalten sehen wir dort nicht, denn die Erregungslage ist per se an solchen Orten zu hoch. Und damit bringt das keinen Spaß, also zumindest nicht beim Hund.

 

Was oft als „der freut sich so“ hineininterpretiert wird, ist bei genauerem Hinsehen nichts anderes als hohe Erregung, jenseits von Freude.

 

Machen Sie sich also nicht verrückt. Der Satz "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" trifft so nicht zu. Sammeln Sie gute gemeinsame Erlebnisse, das genügt erstmal.

 

 

Hundeschule CaniSpeciale

©️Heike Schuh/2022