Mein Hund knurrt mich an...

Dein Hund knurrt dich an oder schnappt manchmal nach dir?

Schnell kommen die üblichen Ratschläge:

  • Der ist dominant, will der Chef sein,
  • dass darf er gar nicht, dass muss sofort unterbunden werden
  • der ist aber aggressiv, der testet seine Grenzen.

 

Was genau bedeutet das Knurren/Schnappen?

 

Es ist erstmal nichts anderes als Kommunikation.

Es sagt dem Gegenüber: „Ich möchte nicht, dass du noch näherkommst.“

 

Dies kann aus den verschiedensten Gründen sein:

 

Der Hund fühlt sich bedroht, er hat ANGST,

  • weil er gerade eine für ihn wichtige Ressource wie Knochen, Keks, Spieli, aber auch Liegeplatz, Socken,
  • seine Bezugsperson, behalten möchte,
  • weil er gerade aufgewacht ist,
  • weil er sich erschrocken hat,
  • weil er den anderen Hund/Mensch nicht mag,
  • weil er körperlich gehemmt wird,
  • weil er überfordert, müde, gestresst ist,
  • weil er grundsätzlich ängstlich ist.

 

Allesamt also gute Gründe. Gründe, die als Ursprung Angst haben.

Nicht Dominanz, nicht testen wollen, nicht Chef spielen, sondern Angst.

 

Macht es wirklich Sinn, Verhalten aus Angst zu verbieten?

 

Dein Hund hat meist schon VOR dem Knurren deutlich mit anderen Zeichen kommuniziert und beschwichtigt. 

 

Diese wurden aber einfach übergangen und übersehen. Jetzt muss er sozusagen „laut“ werden, er knurrt. 

Wird dies ebenfalls einfach übergangen oder ignoriert, könnte der nächste Schritt dann zur Eskalation führen, schnappen, Biss.

Wird dem Hund allerdings immer wieder das Knurren verboten, so lernt er dies zur Vermeidung von Strafe zu unterlassen. 

Du hättest also keine Vorwarnung mehr…keine Kommunikation VOR der Eskalation.

  • Bleibe bitte ruhig, freundlich und vergrößere den Abstand zum Hund.
  • Fasse ihn nicht oder nicht mehr an.
  • Jetzt kannst du z.B. das zugespitzte Verhalten mit einem Signal unterbrechen, dass dein Hund gut kann und zu dem er freundlich gebeten wird und das gut belohnt werden kann.

Und dann setz dich in aller Ruhe hin und überlege, was deinen Hund zum Knurren genötigt hat. Denn das macht ihm auch keinen Spaß. 

Niemand hat gerne Stress, denn das fühlt sich nicht gut an.

 

Einige Beispiele:

 

Muss dein Hund denn wirklich jeden Knochen wieder abgeben, den du ihm gegeben hast?

Du würdest auch nicht einfach deine Schokolade abgeben, die du eben zum genüsslichen Verspeisen bekommen hast.

 

Natürlich benötigt jeder Hund ein zuverlässiges Signal für das Abgeben von Sachen. 

Dafür gibts tolle Trainingsübungen, allen voran ein trainiertes Tauschsignal.

  

 

Du würdest es auch nicht mögen, wenn dich "ungefragt" einfach andere Menschen anfassen

oder dir beim Unterhalten plötzlich sehr nahe kommen und übers Gesicht tätscheln.

 

Also kündige das Anfassen doch einfach immer kurz an.

 

 

Oder dein Hund knurrt, wenn du dich auf "dein" Sofa setzen möchtest,

und geht dich dort dann an.

Hier sind die Gründe oft vielfältig, sicherlich einer der oben genannten.

 

Ankündigungssignale, Alternativverhalten und freundliche Körpersprache wirken oft „Wunder“.

 

 

 

Nein, 

Tipps wie „vor dem Futter oder Kauknochen auf Freigabe warten lassen“ helfen hierbei gar nicht, denn Hunde können das nicht in andere Situationen übertragen. Im Übrigen ist das echt asozial, wenn du zunächst etwas bereitstellst, um dann darauf warten zu lassen.

 

„Der darf nicht mehr aufs Sofa“ ist soziale Strafe und damit ebenfalls asozial vom Menschen. Zudem können Hunde eine Konsequenz auf ihre Handlung nur innerhalb eines Zeitfensters von 2 Sekunden verstehen.

 

Von „Maul zuhalten oder kurz draufschlagen“ brauchen wir nicht erst reden. Oder wie würdest du es finden, wenn dir dein Lebenspartner*in kurz auf den Mund schlägt, wenn du ihr eigentlich nur mitteilen möchtest, dass er/sie dir nicht einfach deine Schokolade wegnehmen kann oder dich im Halbschlaf auf dem Sofa anrempelt.

 

Also, Knurren ist Kommunikation. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Ich finde es sehr höflich, dass Hunde zunächst kommunizieren, bevor sie draufkloppen.

 

Es ist an uns, dafür zu sorgen, dass unser Zusammenleben mit diesen hochsozialen Tieren auf gegenseitigem Verständnis basiert.

 

©2024/Heike Schuh